In der Vermögensnachfolge spielen Immobilien eine wesentliche Rolle und stellen häufig den größten Vermögenswert dar. Es sind daher genaue Strukturierungen notwendig, um die Steuerlast zu reduzieren und ungünstigen Berechnungen durch die Finanzbehörden vorzubeugen. Wer nicht aufpasst, kann sich schnell sehr hohen Forderungen ausgesetzt sehen, die sogar zum Verkauf des Immobilienvermögens führen können.
Immobilien sind in Deutschland regelmäßiger und ganz wesentlicher Bestandteil der Vermögensallokation. Das Immobilienvermögen der Privathaushalte unterteilt sich in Wohnbauten, Nichtwohnbauten sowie bebautes Land. Zum Ende des Jahres 2018 belief sich das in Wohnbauten investierte Vermögen der privaten Haushalte in Deutschland laut Statista.com auf eine Summe von rund 4,7 Billionen Euro. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) schreibt genauer: „Das deutsche Nettoanlagevermögen in Wohn- und Nichtwohnbauten betrug 2018 rund 8,9 Billionen Euro. Davon entfielen 62 Prozent auf Wohnbauten und 38 Prozent auf Gewerbe- und Infrastrukturbauten. Zusammen mit den Grundstückswerten (4,4 Billionen Euro), summiert sich das gesamte Immobilienvermögen der Deutschen auf knapp 13,3 Billionen Euro. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands belief sich im Jahr 2018 auf knapp 3,3 Billionen Euro.“
Daher spielen Immobilien auch in der Vermögensnachfolge eine wesentliche Rolle und stellen häufig den größten Vermögenswert dar. Warum? Das ist einfach erklärt: Man muss sich nur die stark gestiegenen Immobilienpreise der vergangenen Jahre anschauen, um zu erkennen, in welchen Dimensionen viele Objekte mittlerweile angesiedelt sind. Das sogenannte Familienheim und eine Investmentimmobilie in guter Lage können ohne weiteres zwei Millionen Euro und mehr wert sein – und da ist nicht von Premiumobjekten die Rede, sondern vom gepflegten gehobenen Mittelfeld. In einer solchen, durchaus regelmäßig vorzufindenden Vermögenssituation sind die steuerlichen Freibeträge bei einmaliger Schenkung oder Erbschaft des vollen Vermögens schnell ausgereizt. Die Folge bei der Vermögensübertragung ist eine deutliche Steuerschuld, die binnen 14 Tagen bar beglichen werden muss. Das kann je nach Höhe den Verkauf einer Immobilie zur Folge haben.
Erbschaft und Schenkung: Steuerfreibeträge regelmäßig ausnutzen
Natürlich helfen die steuerlichen Freibeträge. So können Ehegatten alle zehn Jahre einen Steuerfreibetrag von 500.000 Euro, Kinder von 400.000 Euro geltend machen. Durch eine regelmäßige Nutzung dieser persönlichen Freibeträge lassen sich Übertragungen sinnvoll gestalten und Steuerbomben durch eine rechtssichere Gestaltung verhindern. Zu einer solchen Strategie ist immer geraten, wenn es um größere Summen geht. Nehmen wir an, ein verheirateter Vermögensinhaber mit einem Kind verfügt über insgesamt drei Millionen in Wertpapieren, Bargeld und eben Immobilien. Nutzt er zweimal die steuerlichen Freibeträge aus, kann er insgesamt 1,8 Millionen Euro seines Vermögens steuerfrei an Ehegatten und Kind übertragen. Die letzte Tranche von 1,2 Millionen Euro kann dann nochmals mittels der Freibeträge auf 300.000 Euro steuerlich relevantes Vermögen reduziert werden, das wiederum in der Erbschaftsteuerklasse mit elf Prozent besteuert wird. Auf das Gesamtvermögen von drei Millionen Euro werden durch diese Strategie also 33.000 Euro Steuern fällig. Wird das Gesamtvermögen ohne Gestaltung übertragen, beträgt die Steuerlast bei der Übertragung auf Ehegatten und Kind annähernd 400.000 Euro. Dabei werden von den drei Millionen Euro 900.000 Euro Steuerfreibetrag abgezogen, also 2,1 Millionen Euro nach der Erbschaftsteuertabelle mit 19 Prozent besteuert. Übrigens gilt, dass die Abgabe der Erklärung zur Nutzung der Freibeträge essentiell ist, insbesondere wenn Werte unterhalb der Freibeträge übertragen werden, da sonst die Verjährung nicht greift.
Familienheim kann steuerfrei übertragen werden
Immobilien wiederum stellen einen Sonderfall dar und können bei einer sinnvollen Steuergestaltung steuerlich begünstigt weitergegen werden. Das gilt insbesondere für das Familienheim, also die selbstgenutzte Immobilie, die den Lebensmittelpunkt des Erblassers darstellt. Wer das Familienheim erbt und die Immobilie selbst über einen Zeitraum von zehn Jahren nutzt, zahlt für diesen Teil der Erbmasse gar keine Steuern. Das kann natürlich eine hochattraktive Vergünstigung sein und im oben genannten Szenario dazu führen, dass schon nach der zweiten lebzeitigen Schenkung keinerlei Schenkung- oder Erbschaftsteuer fällig wird. Bei Schenkung an den Ehegatten existieren keine weiteren Voraussetzungen, insbesondere keine Zehn-Jahres-Frist. Das ist also die bessere Alternative zum Vererben an den Ehegatten.
Wichtig ist, die rechtlichen Grenzen zu beachten, wie ein vor dem Bundesfinanzhof im Sommer 2019 verhandelter Fall zeigt, in dem eine Erbin von ihrem verstorbenen Ehemann den Miteigentumsanteil am Familienheim erhalten hatte. Dieses bisher gemeinsam genutzte Haus bewohnte sie nach dem Tod ihres Partners alleine, sodass darauf keine Erbschaftsteuer fällig wurde. Rund anderthalb Jahre später hatte die Erbin das Eigenheim unentgeltlich und unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs auf ihre Tochter übertragen. Daraufhin wurde die Steuerbefreiung zurückgenommen, was das Finanzgericht Münster und der Bundesfinanzhof vollumfänglich bestätigt haben. Das Familienheim unterlag durch die weitere Übertragung also der üblichen Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer. Warum? Die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt.
Mietobjekte: Berechnung des Gebäudeertragswerts ist eine komplexe Angelegenheit
Einen Sonderfall in der Berechnung können vermietete Immobilien darstellen. Bei ihnen kann die Erbschaftsteuer nach dem Mietzins im Mietspiegel festgelegt werden. Das kann dazu führen, dass zu viel Erbschaftsteuer gezahlt werden muss. Je nach Berechnungsgrundlage steigen die Steuerbelastungen bei vermieteten Immobilien gerade im oberen Segment zum Teil deutlich. Ermittelt wird die Erbschaftsteuer bei vermieteten Immobilien auf Basis des Ertragswertverfahrens. Maßgeblich für die Berechnung des Rohertrags ist dabei die vertraglich vereinbarte Miete.
Erben können sich beim Erwerb eines vermieten Mehrfamilienhauses und der Berechnung des Gebäudeertragswerts nicht grundsätzlich darauf beziehen, dass die Wohnungen einen unterschiedlichen Mietzins aufweisen, um daraufhin den Gebäudeertragswert niedriger anzusetzen und Erbschaftsteuer zu sparen (Bundesfinanzhof, Urteil vom 05. Dezember 2019, Az.: II R 41/16). Das hatte ein Erbe in Berlin versucht: In seiner Erklärung zur Ermittlung des Gebäudeertragswerts setzte er daher für einige Wohneinheiten die vereinbarte Miete, für andere dagegen den im Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwert an. Das berichtet das „Handelsblatt“. „Der abweichenden Berechnung des Erben folgte das Finanzamt allerdings nur in zwei Fällen. Bei diesen Wohnungen überschritt die vereinbarte Miete den oberen Wert des Mietspiegels. Bei allen anderen hochpreisig vermieteten Wohneinheiten lag der Mietzins lediglich oberhalb des Mittelwertes und damit nach Einschätzung der Behörde noch im Rahmen der üblichen Miete.“ Nach Einschätzung der Richter am Finanzgericht und Bundesfinanzhof ist jeder Mietzins, der innerhalb der im Mietspiegel angegebenen Spanne liegt, als üblich anzusehen. Das ergebe sich beispielsweise aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Dabei werde etwas als „üblich“ bezeichnet, was sich in einem gewissen Rahmen bewege. Bei einer Immobilie werde dieser Rahmen vom Mietspiegel vorgegeben. Der darin genannte Mittelwert sei dabei unerheblich. Die entsprechende Vorschrift in diesem Zusammenhang will nach Ansicht des Bundesfinanzhofs übrigens unzutreffende Bewertungsergebnisse vermeiden, die sich bei einer ausschließlichen Abhängigkeit des Grundbesitzwerts von einer zufällig oder gezielt vereinbarten tatsächlichen Miete ergäben.
Beyel Janas Wiemann + Partner berät im Immobilien-Erbrecht
Das Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht gewinnt zunehmend an Komplexität. Es sind genaue Strukturierungen notwendig, um die Steuerlast zu reduzieren und ungünstigen Berechnungen durch die Finanzbehörden vorzubeugen. Und genauso sollten sich Erblasser und Begünstigte detailliert beraten lassen, welche Möglichkeiten und Grenzen der Gesetzgeber geschaffen hat. Sonst kann sich aus einer vermeintlich attraktiven Gestaltung schnell das Gegenteil ergeben mit der Folge höchst unangenehmer Steuernachforderungen. Als gestaltungsorientierte Steuerberatungsgesellschaft berät Beyel Janas Wiemann + Partner aus Geldern und Kempen ihre Mandanten schon lange in der Strukturierung der Vermögensnachfolge mit einem Schwerpunkt auf dem Immobilienvermögen. Dafür steht vor allem Diplom-Betriebswirt und Steuerberater Stephan Janas, der regelmäßig im Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht aktiv ist.