Die Menschen wollen räumlich und zeitlich unabhängig einkaufen und eine große Auswahl an Produkten und Dienstleistungen vorfinden. E-Commerce wird für Unternehmen daher immer wichtiger. Vergangenes Jahr machte die Branche 83,25 Milliarden Euro Umsatz
Die Aussage, dass die Corona-Pandemie zu weitreichenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft geführt hat, ist nicht mehr als ein Allgemeinplatz. Doch auch wenn die Pandemie besiegt ist, gesellschaftliche Freiheiten und allgemeine Wirtschaftskraft wiederhergestellt sind, werden viele Entwicklungen nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ein Beispiel dafür ist der online-basierte Handel mit Waren und Dienstleistungen, auch E-Commerce genannt. E-Commerce ist eine Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre und wird es auch in der Zukunft bleiben. Die Menschen suchen Zugänge zu Online-Händlern, wollen räumlich und zeitlich unabhängig einkaufen und eine größere Auswahl vorfinden als es – je nach Region – im stationären Handel der Fall ist.
Der Umsatz mit Waren betrug im Online- und klassischen Versandhandel im Jahr 2020 insgesamt 84,4 Milliarden Euro brutto. Davon entfielen 83,25 Milliarden Euro auf den E-Commerce. Insgesamt wuchs der Online-Handel mit Waren im Jahr 2020 um 14,6 Prozent. Trotz Stagnation im ersten Quartal erhöhte sich somit der Wachstumsschnitt der drei vorangegangenen Jahre um 3,3 Prozentpunkte. Der gesamte Online- und Versandhandel mit Waren und Dienstleistungen erreichte 94 Milliarden Euro Bruttoumsatz (Quelle: Handelsdaten.de). Für 2020 geht der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) von einem erneuten Wachstum des Versand- und Online-Handels aus. Der Verband prognostiziert für 2021 ein Umsatzwachstum im Online-Handel mit Waren von 12,5 Prozent. Der E-Commerce mit Waren und Dienstleistungen dürfte die Grenze von 100 Milliarden Euro überschreiten.
Das Internet ist die Kerntechnologie
Im Digital-Guide des Web-Anbieters IONOS by 1&1 heißt es dazu vor allem aus technischer Perspektive: „E-Commerce, elektronischer Handel, Online- und Internethandel: All diese Begriffe stehen für den Kauf und Verkauf von Waren oder Dienstleistungen mithilfe elektronischer Informationstechnologien. Das Internet ist dabei die Kerntechnologie. Aber auch andere Formen der digitalen Datenübertragung und -verarbeitung – wie Mobilfunk, elektronische Kundendatenbanken oder Buchhaltungssoftware – werden von Unternehmen eingesetzt. Außer den Kaufvorgängen an sich umfasst Electronic Commerce sämtliche Prozesse, die einen Kauf einleiten und abwickeln. Ein Onlineshop fungiert dabei als zentrale Verkaufsplattform, auf der Kaufinteressenten nicht nur das Sortiment durchstöbern, sondern auch bestellen und über ein digitales System bezahlen können. Ein elektronisches Warenwirtschaftssystem registriert das verkaufte Produkt und aktualisiert den Lagerbestand. Ein RFID-Chip verfolgt den Versandweg. CRM-Systeme erlauben es wiederum, mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben. Damit bildet der E-Commerce in einer enger gefassten Definition einen Teilbereich des E-Business. Dieses umfasst sämtliche automatisierten Geschäftsprozesse, bei denen elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt werden. Zielsetzung bei der Nutzung weitgehend automatisierter Geschäftsprozesse ist es, die Arbeit effizienter zu gestalten und den Umsatz zu steigern.“
Aufbau von Strukturen für die Online-Vermarktung immer relevanter
Insbesondere unter Jüngeren ist diese Art des Einkaufens weit verbreitet. Während der Anteil der Personen, die mindestens einmal im Monat im Internet bestellen, in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen bei rund 22 Prozent liegt, beläuft sich dieser Anteil in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen auf lediglich rund acht Prozent. Nach einer Prognose soll sich die Gesamtzahl der E-Commerce-Nutzer in Deutschland im Jahr 2022 auf 54,25 Millionen belaufen. Das stellt die Statistikplattform Statista.com heraus.
Damit wird der Aufbau von Strukturen für die Online-Vermarktung von Waren und Dienstleistungen immer relevanter. Für Unternehmen so gut wie aller Branchen und Größen kann es sich lohnen, für eine Maximierung der Reichweite auf das E-Commerce zu setzen. Das geht natürlich über eigene Systeme wie selbst aufgebaute und vermarktete Internet-Shops. Aber auch Fremdsysteme wie Ebay, Amazon oder Google lassen sich dafür nutzen. Denn deren Marktmacht ist ausgesprochen groß, sodass sich darüber Kunden gegebenenfalls leichter ansprechen lassen.
E-Commerce ist grundsätzlich international ausgerichtet
Unternehmen, die den Einstieg ins E-Commerce planen, müssen sich vorab mit einigen wesentlichen Fragen beschäftigen. An welche Kunden wollen sie ihre Dienstleistungen und Produkte verkaufen (Privat- oder Geschäftskunden)? Welche Services werden bei Plattformbetreibern in Anspruch genommen? Welche Anforderungen an die IT und die rechtlichen Strukturen müssen erfüllt sein? Und wirken sich die digitalen Angebote steuerlich aus? Der elektronische Handel mit Waren und Dienstleistungen unterliegt schon lange den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen, weist aber auch einige Besonderheiten auf, beispielsweise bei der Umsatzsteuer. Steuerrechtlich wird der elektronische Geschäftsverkehr mit den herkömmlichen Besteuerungsprinzipien für Lieferungen und Leistungen erfasst (§§ 3 und 3a UStG (Umsatzsteuergesetz)). Seit dem 1. Januar 2010 folgen ihre Besteuerungsprinzipien der Grundregeln im unternehmerischen Bereich (Ansässigkeitsort des Auftraggebers). Das gilt gerade im europäischen Kontext – denn E-Commerce ist grundsätzlich international ausgerichtet. Das gilt es zu beachten, um keine Fehler zu begehen, die ärgerlich und teuer werden können.
Wir bei Beyel Janas Wiemann + Partner als Steuerberater in Kempen und Geldern sind auf E-Commerce spezialisiert und beraten Unternehmen bei der Errichtung betriebswirtschaftlich und steuerlich tragfähiger Strukturen, gerade auch im internationalen Kontext. Dieser Artikel ist der Start in eine längere Reihe zum „E-Commerce und Umsatzsteuer“. Unser Partner Jens Bormann wird in den kommenden Beiträgen verschiedene sehr relevante Fragestellungen genau analysieren.